Zur Denkmalkultur und Geschichtspolitik der Zweiten Republik
Denkmäler für die Opfer von Krieg und Gewalt eröffnen unterschiedliche Bedeutungsebenen. Als bleibende Zeichen der Erinnerung sind sie für viele Menschen mit Trauer und Schmerz über den Verlust von Angehörigen und Mitbürgern verbunden. Oft ist über die Todesumstände und die Grabstätte nichts bekannt, umso wichtiger ist es für die Hinterbliebenen, einen Ort für die Rituale der Trauer und des Gedenkens zu finden. Die Bedeutung dieser Denkmäler erschöpft sich jedoch nicht in ihrer Funktion als symbolisches Grabmal. „Gedächtnisorte“ (Pierre Nora) begegnen als Materialisationen des Geschichtsbewußtseins im Alltag und damit zugleich als Quellen der Gedächtnisgeschichte. Die vielfältigen Ausdrucksmittel ihrer Symbolsprache – zu nennen sind etwa die Textierung, die Gestaltung, die Situierung im öffentlichen Raum – vermitteln ganz unmittelbar, wie Vergangenheit interpretiert und in Erinnerung behalten werden soll.
Die Denkmallandschaft gibt damit Einblick in eine „Hierarchie der Erinnerung“; sie macht sichtbar, welche Deutungsangebote hinsichtlich der Vergangenheit im Geschichtsverständnis einer Gemeinschaft vorherrschen, welche marginalisiert sind – insofern reflektiert ihre Struktur immer auch politische und gesellschaftliche Machtverhältnisse. Bereits um die Jahrhundertwende bemerkten Denkmalkritiker wie der Kunsthistoriker Alfred Lichtwark, dass das Denkmal
„prinzipiell eine Sache von Gruppen ist, die ihre Leitfiguren, Wertvorstellungen oder ihr Verständnis von nationaler Identität zu etwas für alle Verbindlichem erklären“.
Aus diesem Grund sagen Denkmäler „mehr über die Zeit ihrer Setzung aus als über die Vergangenheit, auf die sie sich beziehen“.