Februar-Ereignisse des Jahres 1934
1934 kam es zu einem Aufbäumen der linken Kräfte gegen die Zerschlagung der organisierten ArbeiterInnenschaft und gegen die österreichische Variante des Faschismus.
Vor allem in Wien, Linz, Steyr, dem Kohlerevier im Hauruckviertel, in Graz und der Obersteiermark kam es dabei zu Kampfhandlungen.
Die Februar-Ereignisse des Jahres 1934 kosteten (nach offiziellen Angaben) rund 300 Schutzbundmitgliedern und ZivilistInnen das Leben, 800 Personen wurden verwundet, rund 125 Polizisten und Soldaten starben, die anschließend tagenden faschistischen Standgerichte fällten neun Todesurteile, mehrere tausend Beteiligte wurden verhaftet.
Von konservativen Kreisen gerne als Bürgerkrieg bezeichnet, sind die Ereignisse des Februar 1934 viel eher als Aufstand von ArbeiterInnen und Arbeitern, aber auch von Arbeitslosen gegen den Klerikalfaschismus, der das Land seit der kaltblütigen Ausschaltung des Nationalrates im März 1933 in seinem Würgegriff hatte, zu begreifen.
Im Zuge der sogenannten Selbstausschaltung des Parlaments eliminierte Dollfuß nach und nach die bis dato erreichten demokratischen Strukturen und regierte mit Notstandsgesetzen.
So verbot er den Republikanischen Schutzbund, also die bewaffnete Formation der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, die Kommunistische Partei mitsamt ihrem bewaffneten Arm, der Revolutionären Arbeiterwehr sowie die traditionellen Maiaufmärsche.
In weiterer Folge schränkte die Regierung das Streikrecht erheblich ein, verhängte das Standrecht und führte die Todesstrafe ein.
Bereits zu diesem Zeitpunkt forderte die Basis der Sozialdemokratie ein schärferes Auftreten ihres Parteivorstandes – in der SDAP gärte es und bis zum Februar 1934 sollte sich das nicht ändern.
Der ursprüngliche Angriffsplan sah vor, dass die Leitung der SDAP zu einem Generalstreik aufrufen, der Schutzbund die Waffen an seine Mitglieder verteilen sollte.
Dazu kam es allerdings vorerst nicht.
Die Führungsriege der SDAP um Otto Bauer und Karl Renner verweigerte sich diesem Plan, zog sich zurück und verhandelte sogar mit der Regierung Dollfuß – in der Hoffnung, mit der Vaterländischen Front gemeinsam gegen die immer stärker werdenden Nationalsozialisten vorzugehen.
Diese Entwicklung war für immer mehr SozialdemokratInnen und andere linke Kräfte nicht mehr mitzutragen.
Die meisten von ihnen waren organisiert im illegalen Republikanischen Schutzbund und in der (noch legalen) Sozialdemokratischen Arbeiterpartei.
Die KPÖ, bereits seit Mai 1933 verboten, spielte, nicht zuletzt auf Grund ihrer inneren Zerrissenheit, dabei eine eher geringe Rolle.
Ihre Kampforganisation, die im April 1933 behördliche aufgelöste Revolutionäre Arbeiterwehr, hingegen schickte ihre Mitglieder bewusst in den Republikanischen Schutzbund, um dort mit den SozialdemokratInnen gemeinsam eine Strategie gegen den Heimwehrfaschismus zu entwickeln.
Hier ist noch auf eine Besonderheit hinzuweisen:
während in den meistern europäischen Staaten die ArbeiterInnenklassse spätestens seit 1923 keine Kampfformationenen mehr besaß, standen sowohl der Schutzbund, als auch die Revolutionäre Arbeiterwehr unter Waffen.
Die Regierung setzte ihre repressive Politik fort, diese gipfelte in der geplanten Entwaffnung des Republikanischen Schutzbundes.
Das Signal zum Aufstand gab schließlich Richard Bernaschek, Landesparteisekretär der oberösterreichischen SDAP und Obmann des dortigen Schutzbundes, nachdem er einer Polizeieinheit die Durchsuchung des Hotel Schiff, Hauptquartiers des Schutzbundes, nach dort vermuteten Waffendepots verweigerte.
Die nun folgenden vier Tage andauernden Kämpfe waren äußerst brutal und äußerst ungleich.
Bereits im Vorfeld konnte die Polizei zahlreiche hochrangige Schutzbundfunktionäre inhaftieren.
Dies führte dazu, dass nur diesen Personen bekannte Waffendepots nicht mehr zur Verfügung standen.
Der geplante Generalstreik wurde nicht vollzogen.
Ebenso gelang es nicht, die Eisenbahnstrecken lahmzulegen, wodurch das Bundesheer seine Truppen problemlos in die Kampfgebiete verlegen konnte.
Die wenigen Waffen, die ausgegeben wurden, reichten nicht aus, die Munition war ohnehin knapp. Die taktische Anordnung, erst dann zu schießen, wenn Bundesheer und Polizei angriffen, führte zu einem Verlust an Initiativkraft.
Dennoch war der Widerstand stark, erst nach mehreren Tagen gelang den gegnerischen Truppen der blutige Durchbruch.
Bundeskanzler Dollfuss ordnete am 13. Febraur an, gegen die streikenden Arbeiter der Simmeringer E-Werke mit Giftgas vorzugehen.
Dies scheiterte, da das Bundesheer gemäß dem Vertrag von Saint-Germain nicht mehr über Gasgranaten verfügte.
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letzte Bearbeitung: 10.02.2023