Drei Ausstellungen in Salzburg anlässlich des Gedenkjahres “80 Jahre Ende des 2. Weltkriegs und der Befreiung“
In Stadt und Land Salzburg behandeln diese Ausstellungen historische und künstlerische Aspekte des Nationalsozialismus.
von Ulrike Koushan, November 2025
Hohenwerfen “NS-Gauschulungsburg“
5450 Werfen, Burg Hohenwerfen. Dauerausstellung. Eröffnet am 16. Oktober
Eine knappe Stunde Zugfahrt von der Stadt Salzburg entfernt, trifft man auf diese von Burgdirektor Marcus Hank initiierte kleine, feine Ausstellung. Sie zeichnet sich durch kurze, prägnante Texte auf Wandtafeln aus, mit vergrößerten Fotos aus dem Fundus von Zeitzeugen und Archiven. Den Kuratoren Cassandra Burgstaller, Albert Lichtblau, Robert Obermaier und Hannes Sulzbacher ist es gelungen, den Besuchern ein knappes Gesamtbild der ideologischen nationalsozialistischen Indoktrinierung vorzuführen. Zweck der Schulungen war die Ausbildung von zukünftigen NS-Eliten. Die Führungskräfte der Hitler-Jugend (HJ) und des Bundes Deutscher Mädel (BDM) gehörten zu häufigen Teilnehmern der Schulungen. Programmleiter der Gauschulungen war der Salzburger Lehrer und NS-Landesschulrat Karl Springenschmid. Unter seiner Verantwortung fand am 30. April 1938 auf dem Residenzplatz in Salzburg die Bücherverbrennung statt. Neben der wissenschaftlichen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verwendung der Burg sind Plakate vom Hollywoodfilm “Agenten sterben einsam“ mit Clint Eastwood und Richard Burton aus den 1960er-Jahren zu sehen.
Die verlorene Generation. Wir werden Euch nicht vergessen.
Museum Kunst der Verlorenen Generation, 5020 Salzburg, Sigmund-Haffner-Gasse 12/1.Stock, 10. Oktober 2025 – 6. März 2027
“Die neue Ausstellung im Museum Kunst der Verlorenen Generation gibt einer Generation von Künstlerinnen und Künstlern eine Stimme, die im Nationalsozialismus ausgegrenzt, verfolgt oder ins Exil gezwungen wurden. Dabei wird der Frage nachgegangen, wer die verlorene Generation war, wie sie lebte, arbeitete und was wir heute noch über sie lernen können…“
(Aus dem Ausstellungsprospekt)
In der Sammlung von über 700 Werken befinden sich auch zwei Bilder des deutschen Künstlers Eduard Bäumer, der sich im Jahr 1933 mit seiner jüdischen Frau Valerie in Salzburg niedergelassen hat. Weil er sich nicht von seiner Frau trennen wollte, wurde gegen ihn ein Ausstellungs- und Berufsverbot verhängt, sein Vermögen beschlagnahmt und mit seiner Frau zur Zwangsarbeit verpflichtet. Als er 1943 zum Kriegsdienst eingezogen wird, kann sich die Familie mit drei Kindern bei Pfarrer Linsinger in Großarl im Pongau verstecken. 1947 erhält Eduard Bäumer einen Lehrauftrag in der Akademie für angewandte Kunst in Wien. Weitere Werke Eduard Bäumers befinden sich in Sammlungen des Museums der Moderne Salzburg, im Museum für angewandte Kunst (Wien) und in der Albertina (Wien).
Der Gründer des Museums Kunst der Verlorenen Generation ist der ehemalige Arzt und Holocaustüberlebende Prof. Dr. Heinz R. Böhme. In Leipzig geboren, erlitt er als Kind Verfolgung und Deportation, weil seine Mutter österreichische Jüdin war. Während der Familie die Flucht aus der Deportation gelang, wurden die Großeltern, die Urgroßeltern und weitere Verwandte deportiert und ermordet. Nach Kriegsende studierte Böhme Medizin und wurde Arzt in Leipzig und München. Mit dem Sammeln von Kunst der von den Nazis verfolgten Generation begann er in den 1980er-Jahren und gründete 2017 in Salzburg das Museum in der Sigmund-Haffner-Gasse.
The Museum of (non)Restitution
Salzburger Kunstverein, Hellbrunnerstraße 3. 20. September – 16.November 2025
Mit der Geschichte der Restitution von Kunstwerken aus der Zeit des Nationalsozialismus ist das Salzburg Museum im Haus des Salzburger Kunstvereins vertreten: ein Gastspiel zur Provenienzforschung und gleichzeitig eine Schau von Arbeiten des Künstlers Thomas Geiger und der Künstlerinnen Tatiana Lecomte und Sophie Thun, die sich mit restituierten und nicht restituierten Objekten auseinandersetzen.
Besonders augenfällig ist die riesengroße Wandzeichnung “Eine Kartografie des Raubs“ von Thomas Geiger. Hier wird seine Recherche sichtbar, die den systematischen Kunstraub der Nationalsozialisten in Salzburg und im Salzkammergut offenlegt. Der Kunsthändler Friedrich Welz, dessen Verbundenheit mit dem Nazi-Regime vom Historiker und Germanisten Gert Kerschbaumer aufgezeigt wurde, befindet sich im Mittelpunkt des Wandbildes. Er arbeitete mit den Kunsträubern Kajetan und Josef Mühlmann zusammen, die Kunstwerke von jüdischen Opfern in Österreich, Polen und den Niederlanden dem geplanten Führermuseum in Linz zur Verfügung stellen wollten.
Das Haus der Malerin Helene Taussig in Anif spielt in der fotografischen Arbeit von Tatiana Lecomte eine Rolle der Enteignungs- und Restitutionsgeschichte. Auch hier ist die Mittäterschaft von Kajetan Mühlmann und seiner Frau Poldi Wojtek ein treibender Faktor der Verfolgung von Helene Taussig, die als Jüdin zum katholischen Glauben konvertierte und dennoch Opfer des nationalistischen Massenmords wurde. Von Frau Poldi Wojtek stammt übrigens das Logo der Salzburger Festspiele.
Sophie von Thun setzt sich mit der Wahrnehmung von Realität und Abbild auseinander. Sie baut teilweise das Depot des Salzburg Museums nach und hängt darin großformatige Fotoarbeiten auf, die Restitutionsgegenstände der Sammlung Oscar Bondy abbilden und auch geplante Restititionsobjekte aus den Sammlungen Louis Rothschild, sowie Alphonse und Clarice Rothschild. Sophie von Thun hat sich zudem für zwei Gemälde von Hans Makart interessiert, von denen es in Warschau idente Gemälde gab. In der nationalsozialistischen Besatzungszeit sind sie verschwunden und nicht mehr aufgetaucht. Schwarz-Weiß-Fotos dieser in Polen vermissten Gemälde werden in der Ausstellung den Fotos der Salzburger Makartgemälden in großen Formaten gegenüber gestellt.